Beschluss: Abstimmungsergebnis:

Abstimmung: Ja: 3, Nein: 7

Sachverhalt:

Das geplante Bauvorhaben liegt im Geltungsbereich des Bebauungsplans „Unterfeld“. Der Antragsteller beabsichtigt den Neubau eines Einfamilienhauses mit Garage und Carport.

 

Grundflächenzahl

Die Grundflächenzahl (GRZ) gibt an, wieviel Quadratmeter Grundfläche je Quadratmeter Grundstücksfläche zulässig sind. Die zulässige Grundfläche ist der Anteil des Baugrundstücks, der von baulichen Anlagen überdeckt werden darf. Im Geltungsbereich des Bebauungsplans „Unterfeld" beträgt die GRZ 0,4.

 

Diese Festsetzung wird mit einer GRZ von 0,32 eingehalten.

 

Anzahl der Vollgeschosse

Im Bebauungsplan „Unterfeld“ ist die Anzahl der Vollgeschosse festgesetzt. Für das o. g. Grundstück ist geregelt, dass zwingend/maximal ein Vollgeschoss errichtet werden muss/darf. Als Vollgeschosse gelten die Geschosse, die vollständig über der natürlichen oder festgelegten Geländeoberfläche liegen und über mindestens zwei Drittel ihrer Grundfläche eine Höhe von mindestens 2,30 m haben.

 

Das geplante Einfamilienhaus soll dreigeschossig (Erdgeschoss, Dachgeschoss, Dachboden) errichtet werden. Beim Dachboden handelt es sich nicht um ein Vollgeschoss; das Erdgeschoss sowie das Dachgeschoss hingegen sind jeweils Vollgeschosse. Die Anzahl der Vollgeschosse ist somit überschritten.

 

Hierfür wurde eine Befreiung von den Festsetzungen des Bebauungsplans beantragt. Als Begründung gibt der Entwurfsverfasser an, dass sich im Plangebiet bereits Gebäude mit zwei Vollgeschossen finden. Als Referenz wird der Stadtweg 33a und 33b genannt. In den der Gemeindeverwaltung vorliegenden Baugenehmigungsunterlagen des Stadtwegs 33a und 33b wurde keine Angabe zur Anzahl der Vollgeschosse gemacht. Gestalterisch relevant ist diese Angabe jedoch nicht. Es kommt äußerlich eher auf die Firsthöhe (Erläuterungen s. u.) an. Die Firsthöhe des Bauvorhabens ist nur geringfügig höher als die des Stadtwegs 33a und 33b (Unterschied: ca. 0,47 m). Die Gemeindeverwaltung sieht keine Probleme in der Erteilung dieser Befreiung.

 

Geschossflächenzahl

Die Geschossflächenzahl gibt an, wie viele Quadratmeter Geschossfläche je Quadratmeter Grundstücksfläche zulässig sind. Die Geschossflächenzahl (GFZ) ist im Bebauungsplan „Unterfeld“ mit maximal 0,5 festgelegt und wird durch das Bauvorhaben mit einer GFZ von 0,51 minimal überschritten.

 

Hierfür wurde keine Befreiung von den Festsetzungen des Bebauungsplans beantragt. Die Gemeindeverwaltung sieht keine Probleme in der Überschreitung der GFZ um 0,01.

 

Dachform

Im Bebauungsplan „Unterfeld“ ist die Dachform Satteldach festgesetzt.

 

Das „Hauptdach“ hält diese Festsetzung ein; der geplante Quergiebel soll jedoch mit einem Flachdach errichtet werden. Hierfür wurde eine Befreiung von den Festsetzungen des Bebauungsplans beantragt. Im Befreiungsantrag sind Referenzen angegeben, die in Geltungsbereichen anderer Bebauungspläne liegen. Weiterhin ist als Referenz im Geltungsbereich des Bebauungsplans „Unterfeld“ der Stadtweg 33a und 33b angegeben, wo bereits eine Flachdachgaube errichtet wurde. Ob diese genehmigt ist, ist aus den vorliegenden Bauunterlagen nicht ersichtlich. Laut des Entwurfsverfassers fügt sich das Flachdach, aufgrund der verschiedenen Dachformen in der Nachbarschaft, in die Umgebungsbebauung ein.

 

Die Gemeindeverwaltung sieht keine Probleme in der Erteilung dieser Befreiung.

 

Traufhöhe, Wandhöhe und Firsthöhe

Die Traufhöhe ist das Maß von der Gehweg-Hinterkante bis zur „Traufe“, d. h. bis zur Tropfkante des Daches (Dachrinne). Dieses Maß ist mittlerweile veraltet und wurde durch die Wandhöhe (Maß von der Gehweg-Hinterkante bis zum Schnittpunkt der Wand mit der Dachhaut bzw. der obere Abschluss der Wand) ersetzt.

 

Nach dem Bebauungsplan „Unterfeld“ darf die Traufhöhe 3,50 m nicht überschreiten. Die Traufhöhe soll bei diesem Vorhaben 4,57 m betragen. Da das geplante Gebäude keinen Dachüberstand aufweist beträgt die Wandhöhe ebenfalls 4,57 m.

 

Die festgesetzte Traufhöhe wird damit um 1,07 m überschritten. Hierfür wurde eine Befreiung von den Festsetzungen des Bebauungsplans beantragt. In der Begründung wurde angegeben, dass es bereits verschiedene Traufhöhen im Planungsgebiet gibt. Die Überschreitung der Traufhöhe fügt sich laut Entwurfsverfasser in das Planungsgebiet und somit in die Umgebungsbebauung ein. Der Entwurfsverfasser gibt weiterhin an, dass auch hier die Bebauung im Stadtweg 33a und 33b als Referenz genannt werden kann.

Das Gebäude im Stadtweg 33a und 33b weist eine Wandhöhe von 4,10 m auf. Die Traufhöhe ist aus den der Gemeinde vorliegenden Bauunterlagen nicht ersichtbar.

 

Eine Firsthöhe (d. h. das Maß von der Geländeoberfläche bis zur oberen Kante des Satteldachs) wurde im Bebauungsplan „Unterfeld“ nicht festsetzt. Das geplante Einfamilienhaus soll eine Fristhöhe von 9,39 m aufweisen

s. u. Festsetzung „Doppelhaus“

 

Dachneigung

Die Dachneigung darf laut Bebauungsplan zwischen 32° und 42° betragen. Mit einer Dachneigung von 42° wird diese Festsetzung eingehalten.

s. u. Festsetzung „Doppelhaus“

 

Doppelhaus

Für das o. g. Baugrundstück wurde – zusammen mit dem Grundstück Stadtweg 23 – eine Doppelhausbebauung im Bebauungsplan festgesetzt.

Für die einheitliche Gestaltung von Doppelhäusern ist die erstgebaute Doppelhaushälfte (hier: Stadtweg 23) maßgebend. Die nachträglich angebaute Doppelhaushälfte (hier: o. g. Bauvorhaben) muss die gleiche Traufhöhe, Firsthöhe sowie Dachneigung der erstgebauten Doppelhaushälfte nachweisen.

 

Die erstgebaute Doppelhaushälfte weist eine Traufhöhe von 2,74 m, eine Wandhöhe von 3,28 m an der einen und 3,62 m an der anderen Seite, eine Firsthöhe von 8,00 m und eine Dachneigung von 42° auf.

Das o. g. Bauvorhaben weist eine Traufhöhe von 4,57 m, eine Wandhöhe von 4,57 m, eine Firsthöhe von 9,39 m und eine Dachneigung von 42° auf.

Damit wird die Festsetzung „Doppelhaus“ und die damit einhergehende zwingende Einhaltung der Gestaltung der erstgebauten Doppelhaushälfte nicht eingehalten. Hierfür wurde eine Befreiung von den Festsetzungen des Bebauungsplans beantragt. In der Begründung ist angegeben, dass sich das geplante Einfamilienhaus laut des Entwurfsverfassers in die Umgebungsbebauung einfügt. Auch hier wurde als Referenz der Stadtweg 33a und 33b genannt.

 

 

Stadtweg 23

Stadtweg 25 (o.g. Bauvorhaben)

Differenz

Traufhöhe

2,74 m

4,54 m

1,80 m

Wandhöhe

3,28 m/3,62 m

4,54 m

1,28 m/0,92 m

Firsthöhe

8,00 m

9,39 m

1,39 m

 

 

 

 

 

 

 

Referenz:

 

Stadtweg 31

Stadtweg 33a und 33b

Differenz

Traufhöhe

nicht ersichtlich

nicht ersichtlich

-

Wandhöhe

3,91 m

4,10 m

0,19 m

Firsthöhe

7,48 m

8,92 m

1,44 m

 

 

 

 

 

 

 

Ein relativ großer Unterschied zwischen den Referenz-Grundstücken und dem Baugrundstück/Stadtweg 23 ist die Differenz der Wandhöhe. Die Firsthöhen weichen jedoch nicht ungemein ab.

 

Da das geplante Wohnhaus die gleiche Dachneigung wie die angrenzende Doppelhaushälfte einhält (wie auch bei den Referenz-Grundstücken), fügt sich das Bauvorhaben nach Meinung der Gemeindeverwaltung trotz der recht hohen Abweichung im Hinblick auf die Wandhöhe in die Umgebungsbebauung ein.

 

Stellplätze

Notwendig sind laut der Satzung über die Herstellung von Stellplätzen für Kraftfahrzeuge zwei Stellplätze je Wohneinheit über 50 m² Wohnfläche (§ 3 Nr. 1 Buchstabe a der Satzung über die Herstellung von Stellplätzen für Kraftfahrzeuge der Gemeinde Niedernberg).

 

Auf dem Grundstück werden zwei Stellplätze für das Bauvorhaben errichtet. Es handelt sich um ein Einfamilienhaus mit einer Wohnfläche über 50 m²; damit ist die Satzung über die Herstellung von Stellplätzen für Kraftfahrzeuge der Gemeinde Niedernberg eingehalten.

 

Nachbarbeteiligung

Die Zustimmungen der angrenzenden Grundstückeigentümer liegen vor, ausgenommen hiervon sind die Zustimmungen der Eigentümer des westlich angrenzenden Grundstücks. Ein Eigentümer dieses Grundstücks ist bereits verstorben, die anderen Eigentümer konnten laut Antragsteller nicht angetroffen werden.

Bei der Gemeindeverwaltung meldete sich ein Erbe des verstorbenen Eigentümers und teilte mit, dass er dem Bauvorhaben nicht zustimmt.


Beschluss:

Der Bau- und Umweltausschuss der Gemeinde Niedernberg erteilt zum o. g. Bauvorhaben und den damit verbundenen Anträgen auf Befreiung von den Festsetzungen des Bebauungsplans bzgl.

 

-       Anzahl der Vollgeschosse

-       Traufhöhe

-       Dachform des Quergiebels

-       Nichteinhaltung der Vorgaben der Doppelhausbebauung (Abweichung Traufhöhe und Dachhöhe von der angrenzenden Doppelhaushälfte)

-       Geschossflächenzahl

 

das gemeindliche Einvernehmen nach § 36 Abs. 1 BauGB.