Sitzung: 25.10.2022 Gemeinderat
Beschluss: Abstimmungsergebnis:
Abstimmung: Ja: 15, Nein: 0
Vorlage: 114/2022/2
Sachverhalt:
Hierzu wird
auf die Ausführungen der KUBUS GmbH zurückgegriffen:
1)
Öffentliches Grün oder „Grünpolitischer Beiwert“
Die Gestaltung von Friedhöfen ist sehr
unterschiedlich. Friedhöfe können neben ihrer widmungsmäßigen Zweckbestimmung
als Bestattungs- und Besinnungsort vielfältige andere Funktionen haben. Kosten,
die durch die Wahrnehmung derartiger nicht friedhofsspezifischer Aufgaben
entstehen, dürfen bei Geltung der Grundsätze des Abgabenrechts nicht in die
Grabnutzungsgebühren miteinkalkuliert werden.
OVG
Saarlouis, Urteil vom 3.12.2012 – 1 A 6/12
„Insbesondere hat die Beklagte den in Abzug gebrachten Anteil von 35 %
in ihrem auf den Widerspruch der Klägerin hin verfassten Schreiben vom
17.12.2008 (Beiakte I, Bl. 5) dahingehend erläutert, dass hierdurch das
öffentliche Interesse am Betrieb der Friedhöfe anteilsmäßig berücksichtigt
worden sei. Dieser Anteil betrage in ihrem Stadtgebiet jährlich ca. 35 % der
Aufwendungen, die aus Steuermitteln gedeckt würden. Dies erscheint plausibel.
Denn es ist allgemein anerkannt, dass Friedhöfen eine zumeist als öffentlicher
Grünwert bezeichnete Bedeutung innerhalb des jeweiligen Gemeindegebietes
zukommt. Sie werden vor allem in größeren Gemeinden und Städten als öffentliche
Grün- und Erholungsflächen ausgewiesen und unterhalten, weswegen der durch ihre
Nutzung als öffentliche Parkanlage entstehende Kostenaufwand nicht den
gebührenpflichtigen Friedhofsbenutzern angelastet werden kann. Profitiert mithin die Allgemeinheit von diesem
Grünwert, so ist ein gewisser Kostenanteil, der je nach der konkreten Ausgestaltung
der Friedhofsanlage(n) und der örtlichen Siedlungsstruktur höher oder niedriger
anzusetzen ist, von der Allgemeinheit zu finanzieren.“
Lassen sich in großen Einrichtungen diese
Anteile oft sehr genau bestimmen, ist es bei einer kleinen und mittleren
Gemeinde wohl eher nicht möglich, einen solchen Anteil anhand von Zahlen genau
zu errechnen. Der Anteil ist dann zu schätzen. Bei der Bestimmung dieses
Kostenanteils hat die Gemeinde einen Ermessens- und Bewertungsspielraum, der
aber aus der Sicht einer kostendeckend zu betreibenden Einrichtung eher
zurückhaltend genutzt werden sollte.
2)
Vorhalteflächen
Jede öffentliche Einrichtung, also auch ein
Friedhof, muss Vorsorge für den Fall einer erforderlichen Kapazitätserweiterung
treffen. Das geschieht im Friedhof mit Vorhalteflächen. Nach einem Urteil des
OVG Nordrhein-Westfalen vom 26.2.1982 waren Überkapazitäten von 30% als
Sicherheitsreserve zulässig. Das dürfte angesichts der Änderung der
Bestattungskultur nicht mehr vertretbar sein.
VGH
Baden-Württemberg, Urteil vom 15.5.1986 – Fundstelle 1986/462
„Grundsätzlich sind sämtliche Kosten einer
öffentlichen Einrichtung – unabhängig von ihrer Auslastung – gebührenfähig,
wenn nach sinnvoller Planung in absehbarer Zeit mit einer vollen Auslastung zu
rechnen ist.“
Kalkulatorisch sind beide Flächenarten
gleich zu behandeln.
Da in etwa 40 % des Friedhofes als Grün- und Erholungsfläche genutzt werden, können die Kosten hierfür von der Allgemeinheit getragen werden und werden nicht in die Grabgebühren eingerechnet.
Ein entsprechender Empfehlungsbeschluss des Haupt- und Finanzausschusses liegt vor.
Beschluss:
Die Gemeinde Niedernberg setzt einen grünpolitischen
Beiwert in Höhe von 40 % an.